Forderungsabtretung und Durchsetzung von Gläubigerrechten als Inkassodienstleistung nach Insolvenz von Air Berlin zulässig

Urteil vom 13. Juli 2021 – II ZR 84/20

Der II. Zivilsenat hat heute entschieden, dass ein sogenanntes Sammelklage-Inkasso zulässig ist. In dem vorliegenden Fall wurden Gläubigerrechte, hier die Schadensersatzansprüche aus der Geschäftsführerhaftung wegen Insolvenzverschleppung (§ 15b InsO, früher: § 64 GmbHG), an das klagende Inkassounternehmen abgetreten und von diesem – gegen Provision – im Wege einer „Sammel“-Klage gerichtlich geltend gemacht.

Zu klären war hier zunächst die Frage, ob die Klage zulässig war, d.h., ob das Inkassounternehmen berechtigt war, sich Forderungen abtreten zu lassen und diese gegen Provision gerichtlich geltend zu machen.

Der BGH hat diese Befugnis dem Grundsatz nach bejaht, zur Provision allerdings keine Aussage getroffen. Eine Provisionsnahme ist Anwälten bislang nicht erlaubt.

Sachverhalt und Prozessverlauf:

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist als Rechtsdienstleisterin für Inkassodienstleistungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG) registriert. Auf einer von ihr betriebenen Webseite warb sie dafür, Ansprüche gegen die zwischenzeitlich insolvente Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG auf Rückzahlung des Flugpreises gesammelt über sie geltend zu machen. Den Kunden sollten keine Kosten entstehen, die Klägerin im Erfolgsfall 35% der Nettoerlöse aus dem Forderungseinzug erhalten.

Aus abgetretenem Recht hat die Klägerin Schadensersatzansprüche von insgesamt sieben Kunden gegen den ehemaligen Geschäftsleiter der Air Berlin eingeklagt, da er verspätet Insolvenzantrag gestellt habe (Insolvenzverschleppung, Geschäftsführerhaftung, § 15b InsO). Die Kunden haben zwischen Mai und Juli 2017 Flüge bei Air Berlin gebucht und bezahlt, die aufgrund der Insolvenz nicht mehr durchgeführt wurden.

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die hier zu beurteilende Tätigkeit der Klägerin von ihrer Befugnis gedeckt ist, Inkassodienstleistungen zu erbringen. Vom Inkassobegriff der § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG werden Geschäftsmodelle miterfasst, die ausschließlich oder vorrangig auf eine gerichtliche Einziehung der Forderung abzielen. Dies gilt auch für das sogenannte Sammelklage-Inkasso, bei dem mehrere Forderungen gesammelt und gebündelt gerichtlich geltend gemacht werden.

Weder dem Wortlaut noch der Systematik der § 1 Abs. 1 Satz 1, § 3 RDG lässt sich entnehmen, dass solche Inkassoformen keine zulässigen Rechtsdienstleistungen sind. Bei einer am Schutzzweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, orientierten Würdigung erfasst der Begriff der Inkassodienstleistung unter Berücksichtigung der Berufsausübungsfreiheit des Inkassodienstleisters (Art. 12 Abs. 1 GG) auch Inkassomodelle, die ausschließlich oder vorrangig auf die gerichtliche Einziehung von Forderungen abzielen, selbst wenn dazu eine Vielzahl von Einzelforderungen gebündelt werden.

Der Klägerin ist ihre Tätigkeit auch nicht wegen der Unvereinbarkeit mit einer anderen Leistungspflicht nach § 4 RDG verboten. Ein Interessenkonflikt, der eine entsprechende Anwendung des § 4 RDG auf den vorliegenden Fall rechtfertigen könnte, liegt nicht vor.

Da der Klägerin mit dem Sammelklage-Inkasso kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz zur Last fiel, war die zwischen den Kunden von Air Berlin und der Klägerin vereinbarte Abtretung wirksam. Der Bundesgerichtshof hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Kammergericht in Berlin zurückverwiesen, damit weitere Feststellungen zum Bestehen der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche wegen Insolvenzverschleppung nachgeholt werden können.

Das Urteil in der Entscheidungssammlung des BGH als PDF: Urteil des II. Zivilsenats vom 13.7.2021 – II ZR 84/20

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

  • 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) – Anwendungsbereich

(1) 1Dieses Gesetz regelt die Befugnis, in der Bundesrepublik Deutschland außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen. 2Es dient dazu, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen.

[…]

  • 2 RDG – Begriff der Rechtsdienstleistung

(1) Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

(2) 1Rechtsdienstleistung ist, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1, die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung). […]

  • 3 RDG – Befugnis zur Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen

Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.

  • 4 Unvereinbarkeit mit einer anderen Leistungspflicht

Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, dürfen nicht erbracht werden, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird.

  • 10 RDG Rechtsdienstleistungen aufgrund besonderer Sachkunde

(1) 1Natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), dürfen aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in folgenden Bereichen erbringen:

  1. Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1),

[…]

Vorinstanzen:

Landgericht Berlin – Urteil vom 31. Juli 2019 – 26 O 355/18

Kammgericht – Urteil vom 3. April 2020 – 14 U 156/19

Quelle:

Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofs vom 13. Juli 2021

Insolvenzantrag: Aussetzung in Corona-Krise!

Das Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) v. 26.03.2020: – Änderungen des Insolvenzrechts aufgrund der Coronakrise –

Kurz nach dem wirtschaftlichen close-down aufgrund der Corona-Pandemie werden viele finanziell schwächelnde Unternehmen endgültig zahlungsunfähig und überschuldet sein und vom Markt verdrängt werden. Aber auch viele gesunde Unternehmen werden zahlungsunfähig oder/und – durch die erleichterte Kreditaufnahme über die KfW-Bank – überschuldet.
Für die Gruppe der gesunden Unternehmen – und nur für diese – hat der Deutsche Bundestag am 26.03.2020 in seinem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie u.a. auch die Insolvenzordnung vorübergehend geändert. Die Entlastung beruht auf 3 Säulen:

1. Zum einen wurde die Insolvenzantragspflicht für Ereignisse ab dem 01.03. bis zum 30.09.2020 ausgesetzt,
2. Zum anderen wurde die Haftung der Geschäftsführer für Zahlungen, die er im Zustand der Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung der Gesellschaft veranlasst hat, abgemildert, und
3. schließlich wurde die Anfechtbarkeit von Rückzahlungen von sog. „Corona-Darlehen“ im Aussetzungszeitraum eingeschränkt.

Die Einschränkung der Anfechtbarkeit betrifft nur Rückzahlungen von Darlehen, die bis zum 30.09.2020 schon erledigt sind. Das wird kaum relevant sein.
In diesem Beitrag möchte ich deshalb nur auf die Punkte 1. und 2. eingehen.

1. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach § 1 COVInsAG:

§ 1 COVInsAG suspendiert die Insolvenzantragspflichten für Ereignisse zwischen dem 01.03. und dem 30.09.2020, aber nur unter folgenden Voraussetzungen:
a) Wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nach dem 01.03.2020 eingetreten war und tatsächlich auf den Folgen der Corona-Pandemie „beruhte“ (wobei eine Mit-Verursachung ausreicht),
oder
b) wenn Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung zwar erst durch die Corona-Pandemie eingetreten sind, aber das Unternehmen auch nach dem close-down tatsächlich keinerlei (gemeint ist: „gar keine“!) Aussichten mehr auf eine Beseitigung der Krise hat.
Letzteres ist der Fall, wenn die Kredite, die jetzt aufgenommen und über die KfW-Bank verbürgt werden, auch bei regulärem Verlauf der Geschäftstätigkeit bis zum Tag der Fälligkeit aus der Handelsspanne gar nicht erwirtschaftet werden und deshalb aus den Überschüssen auch gar nicht zurück gezahlt werden können. Das wird bei vielen der KMU’s der Fall sein und drüber gibt eine Plan-GuV Auskunft.

Ob die Krise durch die Pandemie verursacht wurde, wird gesetzlich vermutet, wenn die Finanzlage des Unternehmens am 31.12.2019 noch gesund war. TEST:
– Sämtliche Verbindlichkeiten wurden nach Fälligkeit erfasst und konnten bis zum 31.12.2019 bei Fälligkeit bezahlt werden (also zumindest zu 90 % + 3 Wochen nach der jeweiligen Fälligkeit)
und
– die Bilanz war ausgeglichen und es bestand kein durch Eigenkapital nicht gedeckter Fehlbetrag.
Beides muss jetzt aber schleunigst dokumentiert werden, und zwar im Zweifel durch einen – gutachterlich bestätigten – Liquiditätsstatus und eine (Überschuldung-)Bilanz!

Stellt sich bei einer späteren Überprüfung nämlich heraus, dass die Krise tatsächlich im Januar oder Februar 2020 eingetreten war, ist die Vermutung widerlegt, und die Insolvenzantragspflicht blieb bestehen. Die Beweislast hat der Insolvenzverwalter, aber wenn es so war, kriegt der es auch raus. Also:
Auch die Monate 01. und 02.2020 müssen deshalb jetzt schleunigst erfasst werden, bei Unsicherheit wegen der Überschuldung muss eine Sonderbilanz aufgestellt und müssen die Fortführungsaussichten geprüft werden.

2. Aufrechterhaltung, aber Abmilderung der GF-Haftung nach § 64 GmbHG

Für die unternehmerische Praxis – und damit auch die Beratungspraxis – ist wohl die Abmilderung der Geschäftsführerhaftung nach § 64 GmbHG (sog. „Insolvenzverschleppungshaftung“) durch eine Beweiserleichterung für die Organe einer Gesellschaft der wichtigste und interessanteste Aspekt.

Hier gilt es zunächst, mit einem Missverständnis aufzuräumen:

Das COVInsAG entbindet den Geschäftsführer NICHT von der persönlichen Haftung nach § 64 GmbHG, und zwar auch dann nicht, wenn sein Unternehmen aufgrund des close-downs zahlungsunfähig geworden ist. Er muss dann lediglich keinen Insolvenzantrag stellen, OBWOHL sein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist!

Seine Geschäftsführung steht in dieser Zeit aber genauso unter besonderer Beobachtung wie wenn die Antragspflicht bestünde. D.H. er darf in der Zeit, in der er sonst den Antrag hätte stellen müssen, nicht einfach weiterwirtschaften, sondern hat in dieser Zeit die Geschäfte „mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ zu führen, d.h., er darf das Haftungsvermögen für seine Gläubiger nicht schmälern, sonst haftet er persönlich.

Die Ausgangslage ist Folgende:
Ein Geschäftsführer macht sich dann persönlich haftbar, z.B. für Zahlungen aus dem Geschäftskonto oder aus der Kasse, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist; bei Überschuldung gilt dies nur, wenn das Unternehmen keine Aussichten auf Fortführung („going“) hat, d.h., wenn die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit innerhalb einer bestimmten Zeit nicht darstellbar ist (sog. „going concern“).
Der Geschäftsführer haftet dann für sämtliche Zahlungen, die er noch vom Geschäftskonto vorgenommen hat oder hat vornehmen lassen, und zwar mit seinem gesamten persönlichen Besitz.

Ausnahmsweise haftet der Geschäftsführer nicht, wenn bestimmte Zahlungen trotz Krise und Antragspflicht „mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar“ waren. Er muss also im Nachhinein den Test bestehen, dass durch die Zahlungen das Vermögen seines Unternehmens (also die Aktivseite der Bilanz) ausgeglichen blieb oder sogar unmittelbar angereichert wurde – etwa durch Realisierung eines entsprechend höheren Umsatzes oder einer – wertstabilen! – Warenlieferung ins (mobile) Anlagevermögen oder in die Vorräte. Nur in diesem Fall und nur in Höhe dieser Zahlungen kann er sich ausnahmsweise entlasten und so die Haftung diesbezüglich vermeiden. Für diesen Umstand hat er aber die volle Beweislast.

Hier greift jetzt erst die Entlastung des Geschäftsführers durch das COVInsAG:
§ 2 des COVInsAG hilft ihm bei der Entlastung, indem es anordnet, dass die Zahlungen, die er in diesem Zustand der Zahlungsunfähigkeit und/ oder Überschuldung des Unternehmens veranlasst hat, als „mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar“ GELTEN. Die Sorgfalt wird also „vermutet“.
Privilegiert sind daher vor allem die laufenden Kosten des Betriebes.

Vorsicht:
Bestand die Antragspflicht tatsächlich fort, wenn auch unerkannt, dann sind auch diese Kosten nicht automatisch privilegiert und der GF wird haften!
Nicht privilegiert sind auf jeden Fall sämtliche Zahlungen auf (Alt-) Forderungen, durch die KEIN Vermögen mehr zur Masse fließen wird, also
– Steuerrückstände ans Finanzamt,
– rückständiges Arbeitsentgelt,
– Alt-Forderungen von Lieferanten und Dienstleistern etc.
Diesen Umstand muss dann zwar der Insolvenzverwalter beweisen, aber das ist einfach.
Das bedeutet, das COVInsAG kehrt lediglich die Beweislast für die Vorwerfbarkeit der Zahlungen um – aber immerhin! Der Entlastungsbeweis, den der Geschäftsführer sonst immer selbst führen muss, gelingt ja nur in den seltensten Fällen, u.a. auch deshalb, weil der Geschäftsführer in der Krise meist keine Dokumentation vorgenommen hat.

Ausnahme von der Privilegierung:
Wird aber klar, dass das Unternehmen keine Chance hat, die wirtschaftliche Schieflage JEMALS wieder aufzuholen, dann greift die Privilegierung von Anfang an nicht ein, weil die Antragspflicht gar nicht suspendiert war und daher eine Pflichtverletzung vorlag! Das macht diese Regelung so gefährlich, denn das wird bei vielen KMU’s der Fall sein. Sie wissen es nur noch nicht, weil sie ihre Finanzlage nicht erfassen und dokumentieren!

Konsequenz:
Der Insolvenzantrag muss – wie immer – binnen 3 Wochen nach Eintritt dieses Zustandes gestellt werden. Nimmt der Geschäftsführer davon keine Kenntnis, dann trifft ihn die volle persönliche Haftung trotz aller Anstrengungen, sein Unternehmen „über Wasser“ zu halten. Persönliche Opfer werde nicht anerkannt, privates Geld, das eingeschossen wurde, kann nicht gegen gerechnet werden.
Sprich: Wenn er/sie einmal freiwillig gezahlt hat, muss er/sie eben zur Strafe nochmal zahlen.

Voraussetzung für die Entlastung des Geschäftsführers nach § 64 GmbHG:
Der Geschäftsführer ist nur dann entlastet, wenn die Antragspflicht suspendiert war, d.h. wenn sein Unternehmen am 31.12.2019 und danach noch bis zum 01.03.2020 nachweislich zahlungsfähig und nicht überschuldet war!
Diese Situation hat der Geschäftsführer später einmal zu beweisen.

Timing:
Die Entlastung gilt rückwirkend für die Verletzung von Antragspflichten, die im Zeitraum
vom 01.03.2020 bis zum 30.09.2020
bereits entstanden waren bzw. noch entstehen werden. Es ist als „maximale“ Zeitspanne formuliert, so dass eine Verlängerung eigentlich nicht in Betracht kommen sollte. Aber der Gesetzgeber kann seine eigenen Gesetze jederzeit selbst wieder aufheben und diese Frist nochmals verlängern. Die Verwendung des Wortes „maximal“ bedeutet, dass er sich genau das vorbehalten hat. Damit kann ein Geschäftsführer aber heute noch nicht planen.

Empfehlung:
Wenn Sie Geschäftsführer einer GmbH’s sind, die Opfer des close-down geworden ist (oder wenn Sie eine solche GmbH, AG u.a. als Steuerberater betreuen), und wenn Sie über die Befreiung von Ihrer Insolvenzantragspflicht nach § 1 COVInsAG Sicherheit haben wollen, dann müssen Sie jetzt schleunigst
– zum 31.12.2019 und nochmals
– zum 29.02.2020
einen Liquiditätsstatus erstellen, der alle bis zu diesen Daten fälligen Verbindlichkeiten erfasst. Sie dürfen dabei 3 Wochen zugeben, müssen aber die in diesen 3 Wochen neu fällig gewordenen Verbindlichkeiten in den Status wieder einbeziehen.

Gleichzeitig müssen Sie
– zum 31.12.2019 und nochmals
– zum 29.02.2020
eine Überschuldung prüfen, also die Bilanz zum 31.12.2019 aufstellen (sollte das Unternehmen ein abweichendes Geschäftsjahr haben, müssen Sie eine Zwischenbilanz aufstellen). Ergibt sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag auf die Aktivseite der Bilanz, dann müssen Sie eine sog. „Überschuldungsbilanz“ aufstellen, in der bestimmte Werte aktiviert werden dürfen, die in einer Handels- und Steuerbilanz unberücksichtigt bleiben müssen. Damit kann nachgewiesen werden, dass tatsächlich KEINE Überschuldung besteht.
Bestand auch demnach eine Überschuldung, dann müssen Sie die Fortführungsaussichten („going concern“) prüfen, d.h. die Liquidität für eine Fortführung muss uneingeschränkt gegeben sein oder wieder hergestellt werden. Nur dann dürfen Sie nach Fortführungswerten bewerten, wodurch eine Überschuldung häufig beseitigt werden kann.
Sind Gesellschafterdarlehen auf der Passivseite ausgewiesen, dann müssen Sie JETZT den Rangrücktritt erklären, sonst belasten diese weiterhin die Passivseite der Bilanz.

Die Ergebnisse dieses Finanz-Status sollten gutachterlich bestätigt werden, damit Sie später Ihrer Beweislast nachkommen können.

All das ist jetzt teuer und kostet Zeit. Wenn Sie diesen Aufwand nicht treiben wollen, dann nutzen Sie die Gunst der Stunde und

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Verbunden mit einem schlanken Insolvenzplan und ausgestattet mit einem frischen Startkapital können Sie in ein paar Monaten völlig entschuldet da weitermachen, wo ander endgültig aufhören müssen.

WIR BERATEN SIE DABEI.

Klage gegen Geschäftsführer abgewehrt – Kanzlei BRENNER vertritt Geschäftsführer im Rahmen einer Klage nach § 64 GmbHG.

Das LG Darmstadt – KfH – hat die Klage eines Insolvenzverwalters gegen den Geschäftsführer eines großen Druckereibetriebes in der Nähe von Offenbach wegen Insolvenzverschleppungshaftung nach § 64 GmbHG vollumfänglich abgewiesen. Da der Insolvenzverwalter die gesamte EDV-hardware verkauft und vor dem Verkauf weder Sicherungskopien gezogen noch die Festplatten ausgebaut und sichergestellt hatte, konnte der Geschäftsführer die Beweisführung für seine Verteidigung nicht erbringen.

Kanzlei BRENNER hatte zur Entlastung des Geschäftsführers korrekt und vollständig vorgetragen und Beweis angeboten. Die Kammer war der Ansicht, dass sich wegen der Vernichtung der Beweismittel die Beweislast zu Lasten des Insolvenzverwalters umgekehrt hatte. Da dieser – naturgemäß – ebenfalls keinen (Gegen-)Beweis antreten konnte, sahen die Richter es deshalb nicht als erwiesen an, dass die GmbH in dem streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich zahlungsunfähig war. Sie sahen es dagegen als erwiesen an, dass der Geschäftsführer die Aktivmasse im streitgegenständlichen Zeitraum durch die Fortführung des Betriebes im Vergleich zum Stichtag der angeblichen Antragspflicht vermehrt und auch den Verkaufswert des Unternehmens erheblich gesteigert hatte.

Die entsprechenden Daten konnten dem Eröffnungsgutachten des Insolvenzverwalters sowie den späteren Sachstandsberichten entnommen werden. Ob die einzelnen Zahlungsausgänge dafür kausal waren, unterlag der Beweislastumkehr und musste damit – zu Lasten des Klägers – offen bleiben.

Der Kläger hat Berufung eingelegt.

(LG Darmstadt, Az. 15 O 39/17, Urt. v. 28.05.2018)
(AG Offenbach, 8 IN 485/12)