TÜV Rheinland haftet nicht für minderwertige Brustimplantate!
Der TÜV Rheinland muss für die Zertifizierung minderwertiger Brustimplantate der Firma PIP in Frankreich nun auch in Deutschland nicht einstehen. Nachdem zuvor bereits etliche Klagen gegen Kliniken, die die Implantate verwendet hatten, abgewiesen worden waren – u.a. mit dem Hinweis auf das TÜV-Zertifikat – hat der 7. Zivilsenat des BGH hat in seinem Urteil vom 22.06.2017 – VII – ZR 36/17 – eine Haftung des TÜV Rheinland abgelehnt und die Klage einer betroffenen Patientin abgewiesen.
Die französische Firma Poly Implan Prothèse (PIP) hatte Brustimplantate mit billigem und minderwertigem Industriesilikon gefüllt, das später aus der – porösen – Hülle austrat und tröpfchenweise das umliegende Gewebe infiltrierte, mit furchtbar schmerzhaften Entzündungen und Vernarbungen des Haut- und Unterhautgewebes. Die Patientinnen erlitten irreversible Schäden, weil das ausgetretene Silikon nicht entfernt werden kann. Da die französische Herstellerfirma in Insolvenz gegangen ist, wollten die Geschädigten den TÜV Rheinland als sog. „benannte Stelle“ dafür haftbar machen. Dies hat der BGH nun ebenfalls abgelehnt.
Der TÜV Rheinland hatte zwar die Zertifizierung des Herstellungsprozesses übernommen, aber gerade nicht die Materialprüfung (!) des verwendeten Silikons.
Zwar hätte der TÜV Rheinland die Verwendung des untauglichen Silikons im Herstellungsprozess möglicherweise entdecken können, insbesondere dann, wenn er unangekündigte Prüfungen durchgeführt hätte, dazu war er aber nicht verpflichtet, so der BGH. Die Klägerin hatte sich zwar darauf berufen, dass es bereits im Jahr 2001 Warnhinweise der US-amerikanischen Food & Drugs Behörde (FDA) wegen dieses Präparats gegeben habe, allerdings hatte der TÜV Rheinland sich damit verteidigt, dass er erst im Jahr 2011 (!), und somit erst nach der OP der Klägerin, davon Kenntnis erlangt habe. Dieser Vortrag blieb unwidersprochen (!) und galt somit gemäß § 138 III ZPO als zugestanden.
Im Ergebnis stellt der BGH sich damit an die Seite der französischen Cour d’Appel von Aix-en-Provence, die eine Haftung des TÜV Rheinland gegenüber französischen Patientinnen aus demselben Grund ebenfalls abgelehnt hatte, jedenfalls in 2. Instanz. in der 1. Instanz hatte die chambre de commerce von Toulon den TÜV Rheinland zuvor in 2 Verfahren zu je 3.000 bzs. 3.400,- pro Patientin verurteilt, was sich auf ca. Mio.€ 5,8 belaufen würde. Beide Urteile waren für vorläufig vollstreckbar erklärt worden.
Die Cour d’Appel hat die Urteile zwar wieder aufgehoben, allerdings ist hierüber offenbar derzeit noch ein Rechtsmittel zur Cour de Cassation in Paris anhängig. Darin wird es u.a. um den Inhalt und den Umfang der Prüfungspflicht des TÜV Rheinalnd gehen.
Der Gründer des Unternehmens, Jean-Claud MAS und sein Finanzvorstand Claude COUTY waren im Mai 2006 zu 3 bzw. 4 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden, und zwar nicht zuletzt auch wegen Betrugs und vorsätzlicher Täuschung des TÜV Rheinland!
Seit Jahren wird in Deutschland ein Gesetz gefordert, das die Verwendung von Medizinprodukten – insbesondere den Implantaten – unter strenge Zulassungsprüfungen und unter strengere Aufsicht stellt. Leider bisher ohne Erfolg. Das Nachsehen haben die Patienten, die auf dem Schaden alleine sitzen bleiben, wie der o.g. Fall wieder einmal deutlich zeigt. Das ist von der Politik aber offenbar ja auch genau so gewollt.
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